Harald Wild: Hallo Mike, willkommen liebe Zuhörer und Zuseher. Wir sind in der zweiten Folge des Agile Focal Point Podcasts und haben uns heute ein Thema vorgenommen, das glaube ich sehr interessant ist, weil es sehr global ist, nämlich der Mythos der agilen Organisationen. Und Mike, jetzt sind wir natürlich schon eine Zeit lang unterwegs in der Ecke und haben so ein paar Sachen gesehen. Was ist denn... Deine Sicht auf den Mythos der agilen Organisation. Mike: Genau, also, hallo Harald, erstmal spannen zwei Dinge zusammen. Da wir agile Organisation und ein Stück weit ja in Frage gestellt, gibt es das überhaupt oder ist klar, was das sein könnte? Ja, Mythos. Und ich glaube, der erste Punkt, wo wir herkommen, ist ja mal die Klarheit darüber, dass es ein Thema ist. Alleine daraus, wenn man betrachtet, welche Investitionen und Aufwendungen in dieses Thema wahrscheinlich seit mindestens 10, wenn nicht 15 Jahre gelaufen sind und immer noch laufen. Wir haben ja mal schon gesprochen, wenn man das hochrechnen würde, was so externe Beratung, manchmal unter dem Titel Agile Coaching und dann gibt es natürlich die klassischen Berater und dann die internen Kosten anbelangt, dann gibt es hier sicherlich mittlerweile allein in Europa kumulierte Investitionen in Milliardenhöhe. Milliardenhöhe. Das ist schon eine relevante Größenordnung, wo man sagen kann, na gut, wenn man diesen Umfang investiert, dann will man sich auch entsprechend Benefits, manchmal sprechen wir von Return on Invests, erwarten. Und jetzt wissen wir ja, Agile Organisation wird ja gerne diskutiert, weil wir womöglich vieles von dem, was unter diesem Titel läuft, vermissen. Also quasi ein Unternehmen hat ja im Normalfall, wenn es ein for profit Unternehmen ist, hat ja gewisse Ziele und da steckt irgendwo immer wieder auch Gewinnorientierung drin, also ein Nutzen und Gewinnorientierung, Nutzen für die Organisation und für bestimmte Zielgruppen. Und offensichtlich kommt es in vielen Organisationen bis zu einem gewissen Grad abhanden. Das sind also gewisse Pain Points. Ich denke, es wäre mal ganz spannend, dort einzusteigen, was denn diese Pain Points typischerweise sind. Also was Was beflügelt ein Unternehmen, ins Regal zu greifen, zu irgendeinem Ding, Dose, Buch oder sonst was, wo da agilere Organisation draufsteht? Was meinst du? Harald Wild: Also erstmal ist ja ein Unternehmen, wie du schon sagst, gewinnorientiert. Das heißt, man hat natürlich immer irgendetwas, was man gerade vermisst oder was man befürchtet, dass man es vielleicht gegenüber der Konkurrenz dann auch nicht mehr haben wird in der Zukunft und fühlt irgendwie einen Sense of Urgency, etwas zu verändern. Das soll dann sicherlich irgendwann auch betriebswirtschaftliche Vorteile bringen, denn ich investiere Geld in eine Veränderung und da will ich natürlich irgendwann auch einen Benefit daraus haben. Und ich glaube, dass es oft vielleicht auch das Unbekannte der Zukunft ist oder ein bisschen die Angst vor der Konkurrenz. Wie kann ich mich absetzen zukünftig? Was gibt es noch für Themen, die ich wirklich ändern kann, um einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu erhalten oder innovativer zu sein? Wenn ich der Marktführer bin, bin ich ja immer der, der am getriebensten ist und eigentlich von allen gejagt wird. Das heißt, eigentlich bin ich auch das Unternehmen, das sich am meisten verändern muss. Das sind sicherlich so erste Trigger-Punkte. Aber dann sind wir auch wieder an dem Punkt, wo startet Agilität denn? Denn das wäre jetzt, sage ich mal, so die Perspektive, wenn der Vorstand oder die Geschäftsführung oder die obersten Führungsebenen sich eine Veränderung wünschen oder denken, dass sie eine brauchen. Und das ist sicherlich aus anderen Gesichtspunkten getrieben, als wenn jetzt eine Graswurzel-Initiative sich denkt, wir brauchen eine Veränderung. Das ist dann meistens aus sozialen Gründen oder aus kulturellen Gründen oder vielleicht auch, dass man vielleicht bei den Mitarbeitenden sieht, wir brauchen eine Veränderung. Ansonsten glauben wir, dass wir nicht mehr konkurrenzfähig sind, wo es vielleicht die Geschäftsführung noch gar nicht sieht, weil Mitarbeiter vielleicht sehr viel näher an Mike: Hmm. Harald Wild: dem operativen Geschäft sind, als die Geschäftsführung denkt, sie wäre es. Also es können ja alles so Gründe sein, warum man am Ende eine Veränderung anstrebt. Mike: Hmm. Harald Wild: Aber wenn man jetzt von der Geschäftsführung oder vom Business herkommt, dann ist es sicherlich der Wunsch nach mehr Flexibilität, würde ich sagen. Das ist das, was man ja oft hört, mehr Flexibilität. Ich will eine geringere Time to Market haben. Ich will mich verändern, dass ich moderne Führungsmethoden implementiere, um einfach Mike: Mhm. Harald Wild: auch konkurrenzfähiger am Markt zu werden für neue Mitarbeiter. Also das sind ja alles so Gründe, die wir hören, warum eine Veränderung stattfinden soll. Mike: Das wirft schon mal eine spannende Frage auf, weil Geschäftsführung oder Führungskreis, quasi diejenigen, die womöglich über so eine Initiative entscheiden oder die vom Zaun brechen, ob da nicht womöglich im gegebenen Fall sehr oft der Blick, also zwar die Motivation da ist, aber der Blick auf etwas geworfen wird, was eventuell nur die Wirkung aber nicht die Ursache darstellt. Wir wollen flexibler werden, wir wollen etwas schneller liefern, du hast gesagt Time to Market. Was man aber vielleicht auf der Ebene noch gar nicht, naja wie soll man sagen, uns vor Augen führen, ist eventuell, dass man mit diesen Märkten und letztlich mit den Kunden eventuell nicht die richtige Beziehungsebene aufgebaut haben. Vielleicht diese Märkte Kunden im Moment gar nicht richtig verstehen, vielleicht nicht können, ich würde jetzt nicht behaupten wollen und man im Grunde dort anfangen müsste, um zu sagen... Hey, eigentlich haben wir als Unternehmen oder zählen wir uns als Vorstand und als Geschäftsführung zuallererst dazu den Blick für das Wesentliche verloren und das ist da, wo Wert erzeugt wird und letztlich auch unser Geld herkommt. Was da die Konsequenz daraus wäre, wäre ja ganz andere Sache. Das wäre für mich schon mal erst der Hypothese. Wo schauen wir denn eigentlich drauf? Ursache versus Wirkung und das ist naturgemäß in komplexen Zusammenhängen nicht so einfach zu deklinieren. braucht aber erstmal Mut, weil es eventuell auch mich selber oder uns selber in dem Spiegel vorhält, wo man einfach mal sagt, naja stimmt, da sind wir im Moment eigentlich in ein völlig, wie soll man sagen, in ein völlig verkehrtes Fahrwasser gekommen. Also wo wir nicht mehr in Richtung Operationalisierung, Effizienz usw. geschaut haben, aber eigentlich den Wert und die Haltung und die Innovationskraft gegenüber Kunden. aus den Augen verloren hat. Harald Wild: Das liegt ja vielleicht auch so ein bisschen an der Entkoppelung des operativen Geschäfts. Ich glaube, dass es in früheren Zeiten schon so war, dass man in den höheren Führungsebenen da ein besseres operatives Gespür hatte, weil die Veränderung auch geringer war. Und jetzt hat das ja so eine Platitüde schon fast, ja, die Veränderung wird immer schneller und irgendwann kommt man nicht mehr hinterher. Und da das so ein schleichender Prozess ist, ist es vielleicht oftmals auch gar nicht so wahrgenommen, dass man schon mitten drin steckt. Und dass diese... Veränderung im operativen Geschäft aber auch dazu führt, dass man umso höher die Hierarchie-Ebene wird, umso entkoppelter wird man von diesem Geschäft. Und das wird dann vielleicht auch kompensiert dadurch, dass man diesen Kontrollverlust einfach durch operatives Involvieren versucht zu kontern und am Ende aber eigentlich damit erreicht, dass das Unternehmen weniger flexibel wird und sich dann wieder wünscht, ich muss jetzt eine Veränderung machen. die dazu führt, dass ich irgendwie mehr Flexibilität bekomme, dass ich in der Methodik auch besser werde. Und dann sind wir auch bei der Methodik. Und es gibt ja dann auch einen Grund, wo man sagt, okay, warum wünscht man sich denn andere Methodik? Und warum? Und das ist, glaube ich, eine Frage, die sehr spannend ist. Warum wird... die Methodik, die hinter Agilität steckt. Und es ist ja eine Riesen Toolbox, die eigentlich zusammengesammelt ist aus den effektivsten Methoden, ob sie neu sind oder nicht. Es besteht ja kein Anspruch auf auf neue Methoden, sondern die, die am besten funktionieren, werden zusammengefasst in einer gewissen Situation. Aber selbst die, die man als innovativ bezeichnet in Unternehmen häufig, die sind auch schon 20 Jahre alt oder noch älter. Also das heißt, wenn man mal überlegt, wo Agilität herkommt, dann ist das ja eigentlich keine neue Sache mehr. Dennoch. wird es in Unternehmen ganz häufig so empfunden, dass wenn man agile Methodik einsetzt, dass das moderne Methoden sind, moderne Methoden der Führung, moderne Methoden der Unternehmensentwicklung. Das kann jetzt auf der einen Seite natürlich ein Vorteil sein, weil wenn ich agile Veränderung anstrebe, führt das auch immer dazu, dass ich mich eigentlich mit den modernen Methoden von Führung, Unternehmensentwicklung, Methoden der Zusammenarbeit, Transparenz und den Dingen beschäftige. alles Dinge, die in Unternehmen oftmals zu kurz kommen. Und vielleicht ist das auch ein Teilgrund, warum sie als innovativ wahrgenommen werden, obwohl die Erkenntnisse dahinter ja zumindest 20 Jahre alt sind. Mike: Und das ist ein guter Hinweis. Wir haben uns ja mal beschäftigt mit der Frage, wo dieser Begriff herkommt. Also Agilität ist natürlich jetzt eine Eigenschaft. Das kann man im Englischen auch ein bisschen als Eigenschaftswort, Agile, deklinieren und ist jetzt nichts Neues. Da geht ja das Gerücht, dass die Kollegen, die das agile Manifest vor 22 Jahren entwickelt definiert haben, niedergeschrieben haben. sich diesen Begriff ausgesucht haben, weil sie von einem Buch inspiriert waren, das meines Wissens so, glaube ich, 92, 93 am Markt gekommen ist, also echt schon eine ganze Weile her. Deswegen irgendwie geheißen hat Agile Competitors and Virtual Organizations. Wir posten mal den Link in die Show Notes. Das ist also wirklich schon ein Klassiker. Und da wird im Grunde genommen, wenn man sich das Buch anschaut, nicht über Softwareentwicklung, sondern über Technologieunternehmen, technologieorientierte, innovative Unternehmen gesprochen. Wenn man so will, der Begriff Business Agility vorweggenommen, das was man dann viele Jahre später noch mehr aufgegriffen haben. Und da wird genau über die Unterschiede, die du erwähnt hast, gesprochen, was es eigentlich ausmacht in Richtung Kompetenzen, sich selber in Frage zu stellen und fortwährend an sich zu arbeiten als Organisation. Und da steht auch wirklich explizit drinnen, das war Anfang der 90er, dass Agile oder Agility nicht die Zielrichtung ist, sondern nur der Mittel zum Zweck. Und dass es da dementsprechend auch keinen Endpoint gibt. Also das ist nichts, was man jetzt so mal abhaken kann. Und da kommen wir wieder zum Begriff zurück, dass man sagen könnte, jetzt etablieren wir mal eine agile Organisation oder jetzt entwickeln wir uns mal zur agilen Organisation und dann haben wir irgendwo einen Haken dran und können wieder zehn Jahre ruhig schlafen. Das ist ja überhaupt nicht die Idee. Trotzdem, und das ist aber die spannende Frage, um es noch einmal auf den Punkt zu bringen, wenn ich so eine Initiative starte, muss ich ja irgendwo ein Gefühl haben. woran ich es bemessen würde, wenn wir von Agil-Organisation sprechen oder, und da komme wir wieder zum Punkt unseres heutigen Podcasts zurück, ist es nur ein Mythos und ist es gar nicht so hilfreich, den Begriff überhaupt in den Raum zu stellen? Ich sage einfach mal, entweder habe ich Klarheit über die Eigenschaften, an denen wir hier eigentlich arbeiten, was wir verbessern wollen oder wir reden überhaupt nur über die Eigenschaften und sagen, uns ist schon klar, es geht um Agilität. mehr Agilität und das wäre dann konkret, um jetzt nur ein Beispiel zu nennen, das vor erwähnt, kürzere Time-to-Market und jetzt rede ich nicht nur von irgendwas, sondern von noch besseren, wirkungsvolleren, wertvolleren Produkten schneller auf den Markt. So, das ist ja mal eine Ansage, da brauche ich jetzt nicht nur ein Vokabel oben drüberstülpen. Was meinst du dazu? Harald Wild: Also ich glaube, dass es genau das ist, was du gerade gesagt hast oder oft das ist, dass man und man sagt immer schnellere Time to Market, was man aber eigentlich genau meint, ist ich will mehr Kunden orientieren, also ich will genauer treffen, was meine Kunden brauchen und mehr Wert für meine Kunden erzeugen und das schneller. Und das ist ja schon ambitioniert, muss man ja sagen, weil das sind ja schon Dinge, die mit traditionellen Methoden eher schwierig zu erreichen sind. Und es ist auch oft unterschätzt, was es für ein Unternehmen bedeutet, in der Lage auf Kundenanforderungen schnell zu reagieren. Das ist ja was, wo man erst mal Probleme damit hat, weil, na ja, wenn jemand Änderungen reinbringt, man ist ja im traditionellen Projektgeschäft eher so, dass man sagt, Change Requests stören und sind eigentlich etwas, was den Prozess aufhält. Und jetzt ist man auf einmal in einer agilen Welt, wo man sagt, Embrace Change und nehme Kundenanforderungen an. Also diesen Wechsel hinzukriegen. ist schwierig, aber gerade das soll Agilität ja erreichen. Und die Methoden, die man dann dafür einsetzt, die werden vielleicht auch deswegen als revolutionär empfunden. Was ich aber oftmals wahrnehme ist einfach auch, und wir hatten es in der letzten Folge auch schon mal kurz angesprochen, dass das Wissen in Organisationen oftmals nicht so verbreitet ist, wie es vielleicht sein müsste. Ich sage mal, aus der Perspektive von jemandem, der das intern in Unternehmen erlebt oder auch dann vielleicht mit Führungskräften spricht aus anderen Unternehmen, da nehme ich doch deutlich wahr, dass zumindest, sage ich mal, die Grundzüge, warum, und dann kommen wir wieder zu der Eingangsfrage, warum wird Agilität denn eigentlich genutzt? Also das heißt, das Grundverständnis, was soll das denn bewirken? Wie ist der grundlegende Mechanismus dahinter? Und was soll es erreichen? wird oft nicht wirklich erkannt. Und das merkt man ganz häufig an diesem Witz. Ja, wenn jemand etwas irgendwie macht, ohne Struktur, und am Ende kommt irgendwas dabei raus, dann war der irgendwie zu agil. Also das ist ja immer so, dieser Witz ist immer Mike: Fff... Harald Wild: der Einstieg in, man weiß, das Gegenüber hat noch nicht wirklich durchdrungen, warum Mike: ..höhö... Harald Wild: man das eigentlich tun sollte. Und das ist dann vielleicht auch die Aufgabe in Unternehmen Mike: Hm. Harald Wild: zu sagen. Dieses Verständnis ist aber die Basis für Akzeptanz. Das heißt, wenn ich nicht verstehe, was da passiert im Unternehmen, dann bin ich auch Mike: Vielen Dank. Harald Wild: nicht in der Lage zu akzeptieren, dass das der richtige Weg ist. Und dann bin ich vielleicht schon von Anfang an verloren. Wissen ist da, glaube ich, eine Riesenchance, dass die agile Veränderung auf guten Füßen steht oder auf akzeptierten Füßen steht. Mike: .. und... Das spricht einen wunden Punkt naturgemäßer an. Du hast ja vorher gestartet, auch ein bisschen mit dem Thema Geschäftsführung. Gehen wir mal davon aus, dass so eine Initiative durchaus mal auf höherer Ebene, jetzt muss man ein bisschen aufpassen, dass man die Hierarchie in vielleicht ein falsches Bild rückt, von dem wir ja wegkommen wollen. Also die oben und die unten. Aber wo halt, sag mal, Entscheidungen über größere Invests fallen. Wir haben vorher auch darüber gesprochen, dass die Sachen ja auch Geld kosten. Und es gibt ja auch Bereiche, wo man sagt, wenn wir eine komplette Unternehmensveränderung anstreben, dann wird es halt typischerweise in bestimmten Führungskreisen nicht nur diskutiert, sondern dort entschieden. So, wenn du sagst, Wissen ist jetzt erst mal eine gute Basis und zwar wirklich tiefgehenderes Wissen, nicht nur Oberflächlichkeiten, dann ist ja die Frage, welche Art von Wissen bräuchte denn dort oder könnte denn dort helfen? Ich sage einfach einmal Vorstandsebene. Womit sollten wir uns auseinandersetzen, damit wir hier schon einmal einen guten Start hinkriegen? Und das möchte ich ganz gerne als Frage auch an dich richten, aber ich sage einfach einmal Folgendes, vielleicht auch als Provokation. Das wäre nicht nur faktisches und fachliches Wissen, sondern das wäre ja eventuell Wissen über uns selbst. Dann komme ich wieder zu diesem Spiegel zurück, weil das bedeutet ja... Wir schauen jetzt einmal als Vorstand kritisch in den Spiel, sehen uns selbst als Organisation, aber auch unser Zutun oder Nicht-Zutun als Führungssystem und erkennen, dass da einfach Gaps sind. Jetzt habe ich ja zwei Möglichkeiten. Eingestehen entweder, dass wir hier auch nicht perfekt sind und dass wir hier womöglich auch vor einer Veränderung stehen. Oder ist es ganz einfach, weißt du was, wir delegieren das jetzt einmal in Richtung unserer Struktur und dann kümmert sich unsere HR und unser CIO und ich weiß nicht, wer alle noch. um unser Programm, und da holen wir uns dann halt einen guten Berater an Bord, um die agile Transformation zu bewältigen. Also ich denke, da beginnt ja jetzt der Scheideweg. Also jetzt noch einmal die Frage in deine Richtung, Harald. Was ist das Wissen, dass man auf Geschäftsführungsvorstandsebene sich vielleicht einmal zu Gemüte führen sollte, damit Dinge auch wirken können? Harald Wild: Wenn man sich mal um den Mythos Agilität kümmert, dann ist das ja auch die Frage, wie ausgeprägt muss das sein? Also ist das, was ich als Unternehmen anstrebe, tatsächlich eine vollständige Business Agility, Mike: Hm. Vielen Dank für's Zuschauen. Harald Wild: wo ich am Ende fast hierarchielos bin und in netzartig organisierten, interdisziplinären Teams arbeite, die selbst organisiert sind? Ist das wirklich das, was ich als Unternehmen brauche? Weil, sag mal, meine persönliche Sichtweise ist durchaus, dass... ich jetzt nicht die reine Lehre in einem Unternehmen implementieren muss, oder zumindest nicht schon als Staat, um einen Vorteil davon zu erzielen. Und vielleicht ist das auch absolut überfordernd für eine Organisation, gleich von A nach Z zu springen. Also das heißt, diese Erkenntnis oder diese Einschätzung haben zu können, bedeutet aber auch, ich brauche erstmal grundlegendes Wissen, was sind denn verschiedene Möglichkeiten der Implementierung von Agilität in Unternehmen. Das ist ja ein Asset, was ich brauche, dass ich genauso wie ich, sage ich mal, etwas Fachkompetenz brauche in dem, was mein Unternehmen herstellt oder produziert, ist es natürlich auch bei so einer Veränderung absolut notwendig, dass ich als derjenige, der entscheidet und steuert, zumindest zu Beginn, je nachdem, was ich anstrebe in einem Unternehmen, dass ich das Wissen dazu habe und dass ich in der Lage bin, das einzuschätzen, was da passiert. Und es gibt ja noch andere Dinge, die aus meiner Sicht unterschätzt werden, gerade auf einer sehr hohen Hierarchieebene. Was kostet mich das? Und auch die Erkenntnis, dass Agilität vielleicht erst mal nicht meine Probleme löst, sondern sie aufzeigt. Also diese Transparenz führt oftmals zu Irritationen, weil ich dann erst mal merke, wo meine ganzen Beulen unterm Teppich sind, wo die Sachen druntergekehrt wurden über ganz lange Zeit. Und wenn ich jetzt natürlich schnell werden will und wenn ich, sag ich mal, bessere Zusammenarbeit haben will, wenn ich bessere Prozesse haben will... dann bedeutet es natürlich auch, dass ich einen großen Teil dieser Beulen unterm Teppich abarbeiten muss, weil das genau diese Blockaden und Silos sind teilweise, die eben diese Flexibilität verhindern und auch die Zusammenarbeit verhindern, wie sie notwendig wäre und vielleicht auch, sage ich mal, kulturelle Themen mit sich bringen, die auch dazu führen, dass Agilität zu implementieren schwierig ist. Und das führt dann wieder dazu, dass ich auf einmal mit Kosten konfrontiert bin. die mit denen ich vorher nicht gerechnet habe, weil dass ich dann zum Beispiel gleichzeitig eigentlich eine Digitalisierungsstrategie fahren muss vielleicht, weil die Teams ansonsten deswegen langsam werden und nicht weil sie jetzt in der Methodik vielleicht nicht weiterkommen, Mike: Okay. Harald Wild: aber weil sie in den manuellen Prozessen verfangen sind und in einem zu geringen Automatisierungsgrad. Mike: Hmm. Harald Wild: Also das heißt, wenn ich mit Agilität starte in einem Unternehmen, habe ich eigentlich immer... den Punkt, an dem ich mit Transparenz konfrontiert bin. Und damit umzugehen, ist schon mal der erste Schritt, der oftmals unterschätzt wird, aber eben auch, und das ist tatsächlich so, die Agilität oder diese Veränderung erst mal aus der eigenen Perspektive zu denken. Was bedeutet das denn jetzt für mich? Welche Veränderung brauche ich als derjenige, der eigentlich zumindest von den Entscheidungen her und von den maßgeblichen Entscheidungen her Das Ganze steuert. Ich gehe budgetfrei. Mike: Hmm. Harald Wild: Ich steuere damit ja schon eine Menge, allein für die, die durch das Budget was investieren. Mike: Ich meine, es ist spannend. Ich stimme dir grundsätzlich zu. Und ich finde es gut, mit diesem Start bei dir selbst oder starten wir mal bei uns als Führungsteam, das wäre zum Beispiel hervorragende wie man sagen, Situation, so wie ich vorher erwähnt habe, den Spiegel vorzuhalten, um mehr Gefühl zu kriegen. Was sehen wir denn da alles? Weil diese Elemente, die hier wahrscheinlich dann ins Spielfeld kommen, die hängen ja in komplexer Art und Weise zusammen. Das ist schon mal, glaube ich, auch eine Herausforderung sich dem zu stellen, dass nicht dieses ständige Wenn-Dann-Denken oder dieses Denken der Organisation so quasi als Maschine in den Vordergrund tritt. Dass man das nur engineern muss und letztlich ein guter Plan, nachdem wir die Erkenntnisse gewonnen haben, zu dieser Verbesserung führt. Sondern dass wir eigentlich sagen müssten, die Methodik per se ist es gar nicht. Also mein Hinweis, und das ist ja fast skurril, weil ich bin... Coach, Berater, also ich komme aus der Szene. Mein Hinweis wäre, erst einmal stellt alle diese Methoden, Frameworks, getrost in die Schublade, weil was wirklich wirklich hilft und es ist ja ganz spannend, wenn man sich die Unicorns dieser Welt anschaut, die das Wort Agil nach außen hin überhaupt nicht in den Mund nehmen. Die machen weder eine agile Transformation, ich glaube bei Google gibt es zwar Scrummasters, Scrum und sonst auch alles, spielt aber null Rolle in Zusammenhang mit dem was sie tun, wie sie tun und wer sie sind. Es geht also vielmehr um Prinzipien. Was sind eigentlich unsere Prinzipien? Das eine Beispiel könnte sein, naja, was sind unsere Prinzipien? Führung zu leben, Ownership zu unterstützen und letztlich Unternehmerschaft im Unternehmen zu fördern. Das sei mal nur der Hinweis auf Hair Group noch einmal erlaubnet, die ein faszinierendes Vorgehen an den Tag legen heutzutage, wo sie also seit, glaube ich, fünf Jahren jetzt Zahlen schreiben. die der Konkurrenz nicht so um die Ohren pflegen. Jedes Jahr 25% plus und zwar nicht nur im Sinne von Umsatz, sondern auch im Sinne von Profit. Das kommt aber aus etwas, das sie nicht einer Transformation zuschreiben können, die irgendwie nach Plan gelaufen ist, sondern einer Evolution, die seit 30, 35 Jahren dort im Gang ist. Wo immer was schwer tut, was du gesagt hast, ich habe das jetzt mehrmals bei Agilität, dieses Implementieren verwendet und da bin ich immer so schwer und ich sage einfach, Ich denke, bei Agil, das ist erst mal ein so Vokabel, da sehen wir diese ganzen Methoden und so weiter darunter und am Ende aber eine Eigenschaft. So ist eine Eigenschaft und das breche ich ganz gern runter, sage, wie können wir auch dieses Vokabel ins Regal stellen, indem wir es konkreter machen und sagen, was würde denn Agilität ausmachen? Ich glaube, das wäre das Erste. Aber dann wäre nochmal eine spannende Differenzierung, also das war eine Idee, noch mehr Auflage in deine Richtung. Dass wir auf der einen Seite uns Gedanken machen, Womit könnte man das operative Geschäft verbessern? Also jetzt können wir in Hochkommerscheiben agilisieren. Also du hast vorher erwähnt, dieses schneller Markt, besser den Markt verstehen. Also was können wir da drinnen besser machen? Und das zweite, und das wäre das, was wahrscheinlich viele unter dem Begriff Transformation subsumieren, wie können wir uns fürs zukünftige Geschäft besser aufstellen? Und das bedeutet aber, Ungewissheit zum Quadrat oder wahrscheinlich hoch vier oder hoch unendlich. Wo man also tatsächlich nur sagen kann, ok operatives Geschäft besser hinkriegen, dann gibt es eine Transformation, aber in eine Richtung, die uns nur Prinzipien aufweist. Wo wir sagen, in Zukunft wird wohl der Markt in einer Richtung unterwegs sein, wo folgende Regeln gelten und das ist eine Hypothese. Es ist nur die Frage, wie kriege ich das? bei einem Vorstand, der gerne schnell Ergebnisse sieht und sagt, okay, wir legen jetzt eine Million Euro am Tisch, aber da müsste uns irgendwo klarlegen, wann wir da Ergebnisse sehen. Wie kriege ich das dort überhaupt in die Diskussion? Harald Wild: Also deswegen auch der Begriff implementieren, weil am Anfang immer irgendwas irgendwo in ein Unternehmen gebracht wird von irgendeiner Seite, die den Startpunkt ergibt. Ich bin natürlich da auch bei dir, dass Implementieren immer etwas Gesteuertes ist. Aber ich glaube erst mal die Erkenntnis, dass Agilität etwas ist, was nie endet. Wenn man sich auf diesen Pfad begibt, dass man auch auf ewig da … bleibt eigentlich, ist glaube ich schon mal ein guter Start, dass die Ja, dass dieser iterative Charakter sich permanent zu verbessern auch bedeutet, dass man keinen ausgefeilten Plan mehr über fünf Jahre macht, der detailliert ist. Natürlich gibt es Maßnahmen, natürlich gibt es Dinge, wo ich sage, das will ich strategisch erreichen, keine Frage, aber ich würde nicht über fünf Jahre oder ich würde nicht in fünf Jahren abschätzen wollen, was brauche ich denn eigentlich, weil ich dann eine Methodik habe, die das ergibt. Also das heißt, wenn ich in der Lage bin als Unternehmen und das ist vielleicht auch das, Mike: Hm. Harald Wild: wo man sagen kann, wann endet eine Transformation? Man sagt ja, eine Transformation endet nie. Aber ich glaube schon, dass es im Unternehmen einen Zeitpunkt gibt, wo man sagt, da ist zumindest die große Transformation hin abgeschlossen. Und was ist die große Transformation? Das ist, mich als Unternehmen in die Lage zu versetzen, empirisch zu erfassen, was ich als nächstes brauche, die Tools zu haben, um darauf zu reagieren und dann das Ganze in eine entsprechende Richtung zu lenken. Also das heißt, wenn ich diese empirisch iterative Methodik mal drauf habe, dann hört das Ganze Mike: Ja. Harald Wild: zwar auch nie auf, aber dann habe ich zumindest mal diesen ersten Schritt geschafft von ich bin extrem hierarchisch gesteuert, extrem vielleicht Command & Control hinzu, ich bin in der Lage, auch mal die Kontrolle loszulassen, ich habe Teams, die in der Lage sind. das auch entsprechend umzusetzen. Und ich bin dann in der Lage, empirisch wirklich zu erfassen, was braucht mein Kunde, was brauche ich als Unternehmen? Und ich habe das Wissen aufgebaut, dass das auch entsprechend umgesetzt werden kann. Ich glaube, dass das schon mal ein sehr wichtiger Punkt ist, wie man durch eine Erkenntnis oder vielleicht ist es auch die Erkenntnis, die man braucht, um überhaupt vernünftig in der Lage zu sein, diese Dinge einzuschätzen. Ansonsten ist natürlich da immer auch sehr wichtig, dass man, bevor man startet, überhaupt mal irgendeinen Messkonstrukt hat, um zu genau zu wissen, wo stehe ich denn eigentlich, Mike: Mmh. Harald Wild: und festzumachen, was ist denn der Unterschied, den wir gemacht haben mit dem, was wir jetzt getan haben. Weil daran hängt ja auch wieder am Ende, welches Budget freigegeben wird in der Realität in Unternehmen. Wenn ich nicht Veränderungen zum Positiven hin irgendwann nachweisen kann, dann... ist es natürlich schwierig. Und da muss ich im Unternehmen aber auch über diese Phase drüber, wo es vielleicht erstmal schlechter wird. Im Ende ist es die gleiche Change Kurve wie bei allem. Ich habe ein gewisses Niveau, das hat eine gewisse Stabilität. Es hat ja auch einen Grund, warum Unternehmen erfolgreich sind, dass sie sich überhaupt leisten können, das Geld zu investieren, eine agile Transformation anzustreben. Aber dann störe ich dieses Gleichgewicht und dann sinkt gegebenenfalls ja die Leistung, die ich habe, erstmal ab, weil diese Sicherheit weg ist und ich Dinge verändere. Aber das Ziel ist ja dann ein viel höheres Level anzustreben und viel besser zu sein in dem, was man tut. Mike: Hmm. Harald Wild: Aber es muss dann halt auch klar sein, dass man nicht sagen kann, ich probiere jetzt agile Methoden aus und dann erwarte ich im nächsten Quartal aber eine Steigerung des EBITS von so und so viel. Also das wäre dann eben genau die Sichtweise, die eher zum Scheitern führt, Mike: Mhm. Harald Wild: als dass man dann in der Lage ist, so eine Veränderung zu unterstützen. Mike: Ja. Harald Wild: Und dann muss man natürlich auch noch, glaube ich, sich drüber im Klaren sein. Was strebe ich denn erst mal überhaupt an? Also will ich in meinen Silos erst mal bleiben, aber innerhalb der Silos vielleicht Transparenz über Arbeit schaffen, wie arbeiten Leute zusammen, erkennen, was brauche ich eigentlich Mike: Ja. Harald Wild: innerhalb dieser Prozesse, wo muss ich automatisieren. Mike: Vielen Dank. Harald Wild: Auch das kann ja schon sehr gut dazu führen, dass ich meine Führung ändere, dass ich die Art der Zusammenarbeit ändere, dass ich Schnittstellen habe zu anderen Silos im Unternehmen, die aber vielleicht anders gelebt werden, die anders bedient werden. dass wenn ich ein Bereich bin, der sich schon weiter verändert hat als ein anderer Bereich, dass ich vielleicht der bin, der sich an die Schnittstelle des anderen anpasst, weil ich schon flexibler bin und dadurch das Gesamtkonstrukt weiter tragfähig ist. Also das sind alles so Dinge, die man, glaube ich, sich fragen muss am Anfang. Wie weitreichend will ich das denn eigentlich starten? Und da bin ich beim Starten, weil natürlich, wenn ich irgendwann auf dem Weg bin, dann beobachte ich, was ich brauche und dann bin ich bei Inspect & Adapt. Und da bin ich auch bei dir und da habe ich aber auch eine Frage an dich. Und zwar ist es ja so, wenn ich jetzt ein kleineres Unternehmen bin, dann ist ja Mike: Mhm. Harald Wild: wirklich die Frage, brauche ich ein Framework oder habe ich irgendwann das Mike: Mhm. Harald Wild: Wissen, das ich brauche, um zu beobachten, das brauchen meine Kunden, das brauche ich als Unternehmen, das brauchen meine Mitarbeitenden und verändere mich in diese Richtung einfach nur, weil ich eine gut gefüllte Toolbox habe. Jetzt sagt man ja beim Konzernen, die brauchen ein gewisses Konstrukt als Stabilität, weil... die vielen Ebenen in einem Unternehmen oder die vielen Silos, die ich vielleicht noch Mike: Mhm. Harald Wild: habe, irgendwann zusammenbrechen, wenn ich gar keinen Konstrukt mehr habe, das dem Struktur verleiht. Und dann kommen wir halt wieder, da sind wir bei der Skalierung von Agilität, dann kommen wir wieder zu den Frameworks. Mike: Mhm. Harald Wild: Da wird mich deine Meinung interessieren, der Unterschied zwischen kleineren Unternehmen und Konzernen. Braucht man in Konzernen langfristig diese Struktur? Mike: Mhm. Es ist eine spannende Frage, da könnte man uns jetzt wahrscheinlich die nächsten Stunden und fünf Episoden über unterhalten, aber lass mich mal so durchdenken. Mein Ansatz wäre, dass der Unterschied zwischen kleinem oder vielleicht sogar startenden Unternehmen, die werden ja auch sehr gerne von Konzernen neidvoll beäugt, die Start-ups, versucht man ja dann auch irgendwie an Bord zu bringen oder bei sich möglich zu machen, dass der Unterschied zum Konzern... weniger dass es, wie wir hier anders in Zukunft arbeiten sollten, sondern wie wir uns dem Zugang in Richtung Transformation zuwenden müssen. Und zwar sage ich das deswegen bewusst, weil ich glaube, dass am Ende von der Zielrichtung, den Trends und dem, das was wir am Markt sehen, die Kleinheit, ich weiß nicht, ob man das so im Deutschen sagen kann, also die kleine Struktur eigentlich das ultimative Ziel für alle ist. Also quasi das, was heute Konzerne ausmacht, ist Dieses aufgeblasene Apparat, der also quasi weltweit komplexe Business Models betreibt, ich glaube, dass es ein relativ überholtes Modell der 50er-, 60er-, 70er-Jahre aus der Industrialisierung zuvor ist, das gut funktioniert hat, wo noch gewisse Stabilitäten, Marktmächte funktioniert haben und so weiter und so fort, was ja aber alles untergraben wurde im Zeitalter des der Internet, der Vernetzung, der Globalisierung, wo wir über darüber sprechen, wo man heute sagt, hey, was brauche ich heute, ein riesen Office oder Infrastruktur, um tausende Leute miteinander zu verbinden. Und jetzt nehme ich nochmal Hair Group als Beispiel. Die sind von 80.000, also es ist kein Kleinunternehmen gewesen, in eine Richtung gegangen zu sein. Was bei uns in Zukunft zählt, ist Kunde und die haben das Prinzip Zero Distance to Customer. in den Vordergrund, als Nummer eins in den Vordergrund gerückt, dass man sagen, darüber haben wir Erfolg. Was brauchen wir daher? Nicht die große Struktur, sondern kleine Strukturen und die gut miteinander vernetzt. Konsequenz? Sie haben ein Ökosystem für Start-ups gegründet. Also, was heißt gegründet? Sind ihre 80.000 Mitarbeiter in zigtausend Start-ups aufgesplittet und nähern daraus den Erfolg. Also wieder zurück, daher glaube ich zu deiner Frage. Es braucht einen anderen Zugang, weil wenn ich jetzt in einem Konzern eine Veränderung anstrebe, muss ich mir ganz andere Gedanken machen, wie diese Silos, die bisherigen Silos veränderbar sind, mit welcher Kultur wir hierher zu tun haben, was da alles an Einflussfaktoren rein spielt, wie komplex unser Führungs- und Zusammenarbeitssystem ist. Das ist ganz anders, als wenn ihr 30 Personenunternehmen habt. Da muss ich mir weniger Mühe in die Richtung machen. Aber das Ziel... ist eigentlich meines Erachtens dasselbe ultimativ. Also ich würde jetzt fast sagen Zero Distance to Customer, das muss ich jetzt nicht einmal kopieren von wo. Das könnte man schon einmal als Idee überall reinstellen und sagen wie nahe können wir denn den Kunden kommen in puncto Verständnis und in puncto Delivery, also das, was wir letztlich tun. Und daher jetzt als Konsequenz, weil du mich auch in Richtung der Frameworks fragst, glaube ich. Und jetzt kommt das böse Wort ins Spiel. Safe, das Scaled Agile Framework. Aus dem Grund und aus vielen weiteren Gründen, wir haben uns schon öfter unterhalten darüber, ist safe, zwar sehr, sehr verlockend für viele, aber der völlig verkehrte Weg. Ich glaube, safe ist wirklich, die wird es jetzt fast behaupten, so das Grab deiner Investitionen in die Zukunft. Muss es auch sein. Allein schon, wie es aufgesetzt ist. Weil es ist ein IT-Konstrukt, das alles andere außer Acht lässt und dann aber noch sehr populär irgendwelche Bubbles reinsetzt. Es ist meiner Meinung nach völlig verkehrt. Und wenn ich jetzt was Extremes dagegen, weil du willst mich jetzt fragen, hast du eine Alternative dagegen stellen würde, würde ich sagen, nimm mal das Heart of Agile vom Alistair Coburn her. Das ist natürlich komplett andere Dimension und Skala, der einfach sagt, ich habe jetzt einmal das agile Manifest verdichtet, weil ich selbst glaube, das ist zu komplex für die meisten. Und worum es geht ist einfach zu sagen, erstens Zusammenarbeit, zweitens Delivery und drittens Lernen. Und jetzt sage ich, organisationales Lernen. Wie soll ich das im Konzern bewerkstelligen? Naja, stell es mal als Prinzip hin und frag dich, wie können wir, wenn wir das Prinzip haben Zero Distance to Customer, besser und wirkungsvoller Zusammenarbeit Nummer eins, Nummer zwei in die Delivery kommen, um daraus wieder zu lernen und dann quer durch die Organisation zu lernen. Das wäre meines Erachtens ein viel wirkungsvoller Ansatz, der einzige Nachteil an der Stelle, dafür gibt es keine Blaupausen. Das ist zumindest mal im ersten Schritt ein Nachteil, wenn ich jetzt eine Million Euro am Tisch habe als Vorstand und entscheiden muss, wie ich das investiere, weil ich ein ungutes Gefühl habe, maximale Unsicherheit, Gottes Willen, wer garantiert mir, dass das hier erfolgreich wird? Und dadurch ist der Griff zur Blaupause natürlich ein oft begehrter oder nachvollziehbarer. Man glaubt, hier garantiert mir etwas, ich glaube nur jetzt von der Erkenntnis der Fakten, dass das letztlich aber selten bis gar nie eintritt. Ich weiß nicht, wie das bei dir ankommt. Du kommst ja aus einem Liniengeschäft. Harald Wild: Also es ist glaube ich, ich sage es mal so, subsummiert ist, wenn ich ein Framework betrachte und ich nutze das, welches am wenigsten Irritation verursacht, weil es meine aktuellen Strukturen gut abbildet, dann ist der Abteilungsleiter Squad Lead oder, wenn diese Strukturen sehr gut passend sind, muss man halt auch sehr aufpassen, dass man am Ende nicht die gleichen Mike: Hmm. Harald Wild: Namen, die fancy sind und man sich denkt, ja, jetzt ist er ja ein Product Owner oder jetzt ist er ein Squad Lead oder Tribe Lead oder was auch immer. Da muss man sehr aufpassen, weil am Ende hat man nur schönere Namen für das, was man vorher schon hatte und wundert sich, warum man vielleicht nicht in der gleichen Form flexibel wurde, wie man es sich gewünscht hat. Und ich, also ich bin, wir haben ja auch gesagt, wir wollen da auch mal Statements beziehen Mike: Hm. Harald Wild: oder Positionen beziehen. Mike: Ja. Harald Wild: Und ich bin... sowieso ein Verfechter davon, den Staat länger zu, oder sich die Zeit, in der man startet, also den Beginn einer Transformation, sich mehr Zeit zu gönnen. Also man sagt ja auch, man probiert mal Dinge aus, man verwirft sie vielleicht wieder. Das heißt, wenn ich das Licht in verschiedenen Stellen im Unternehmen anknipse, in kleinen Bereichen vielleicht erstmal, um Menschen die Möglichkeit zu geben, daran zu lernen und daraus Schlüsse zu ziehen und erstmal Erfahrungen damit zu sammeln, dann beschäftige ich mich aber auch mit den essentiellen Themen im Unternehmen, nämlich Mike: Mhm. Harald Wild: was habe ich für eine Lernkultur, habe ich überhaupt eine, das heißt ist Weiterbildung Mike: Hmm. Harald Wild: bei mir überhaupt ein Thema und umso weniger das nicht so ist, umso weiter muss mir klar sein bin ich hinter dem Markt hinterher. Das ist ja auch so ein Punkt. Also ein Unternehmen, das es mal geschafft hat, sich schon mal so weit zu transformieren, dass es erkannt hat, dass die Weiterbildung und die Weiterentwicklung der Menschen in einem Unternehmen das größte Asset sein kann, was man hat. Also aktuelles methodisches Wissen zu haben, aktuelles fachliches Mike: Mhm. Harald Wild: Wissen zu haben, aktuelles Wissen zu haben über Führung. Und das kann man ja weitermachen, das geht unendlich weiter. Das ist eines der größten Assets, um überhaupt erfolgreich Mike: Ja, ja. Harald Wild: zu sein. Das heißt zu sagen, ich brauche jetzt unbedingt eine agile Transition. weil ich dann irgendwie flexibler werden will. Vielleicht muss ich mich vorher erst mal mit diesen Themen beschäftigen. Und dann ist vielleicht auch der Kontrast nicht mehr so groß, dass man sagt, das sind ja höchst moderne Ansätze, die vielleicht für uns als Unternehmen ja gar nicht in Frage kommen, weil wir ja da anders gestrickt sind. Mike: Mhm. Harald Wild: Das ist eigentlich der Gedanke, müsste andersherum sein. Warum kommt mir eine 20 Jahre alte Methodik so modern vor? Mike: Hmm. Harald Wild: Und dann... dann sind das vielleicht erstmal die Themen, die ich angehen muss und die ich mir überlegen muss, warum habe ich so eine Irritation, wenn ich diese Themen betrachte? Und wenn ich das mal geschafft habe und gehe dann weiter auf den Weg, Mike: Mhm. Harald Wild: dann ist es sicherlich auch irgendwann die Frage, wie strukturiere ich denn jetzt mein Unternehmen? Wie strukturiere ich Arbeit? Wie strukturiere ich das Ganze? Aber das muss dann eigentlich auch auf eben dem Beobachten basieren. Und wenn ich aber in kleinen Bereichen erstmal lerne, dann... Mike: Mhm. Harald Wild: kann ich ja auch, also dieser Lerneffekt gilt ja nicht nur für die Menschen, die in diesen Bereichen arbeiten, sondern die Prinzipien und die Erkenntnisse daraus, die muss ich natürlich auch über die Hierarchie Mike: Mhm. Harald Wild: in die entsprechenden Gremien bringen und da muss die Bereitschaft da sein, sich wirklich damit auseinanderzusetzen mit den Erkenntnissen und mit der Theorie dahinter, um überhaupt die Erkenntnisse und die Veränderung verstehen zu können. Und diese Kombination ist glaube ich sehr wertvoll am Anfang, dass man einfach sagt, Mike: Hmm. Harald Wild: Ich knipse diese Lichter an verschiedenen Stellen im Unternehmen an, sammle Erfahrung an diesen verschiedenen Stellen. Das kann ja vieles sein. Das kann Produktion sein, das kann Softwareentwicklung sein, das kann IT sein. Mike: Mhm. Harald Wild: Das kann aber auch der klassische HR-Bereich sein, der aus meiner Sicht sowieso eigentlich der Best Buddy der Transition sein sollte, weil diese Aufgaben, wenn man sie so vergleichen kann, traditionell genau in diesen Bereichen liegen eigentlich im Unternehmen und auch diese ganzen Lern… Mike: Mhm. Mhm. Harald Wild: kulturellen Dinge, wie zum Beispiel ja nur welche Weiterbildung werden gebucht. Also auch das ist ja was, was traditionell in HR-Bereichen stattfindet. Es gibt ein zentrales Schulungsbudget und dann werden Schulungen gebucht. Mike: Mhm. Harald Wild: Deswegen ist es extrem wichtig, die mit auf die Reise zu nehmen. Aber es sind ja auch, wie wir es beim letzten Mal auch schon so ein bisschen angerissen hatten, Bereiche wie Compliance, Revision, also diese diese Kontrollbereiche, Risikomanagement, auch die müssen ja verstehen, was da passiert. Denn Der Beweis ist ja angetreten, dass man auch wenn man agile Methoden nutzt, sehr wohl Mike: Mhm. Harald Wild: compliant sein kann und sehr wohl auch Revisionsuntersuchungen übersteht und auch im Risikomanagement vielleicht sogar noch besser wird, weil man ja viel besser versteht, was die Basis der Kunden und des eigenen Geschäfts ist und weil man aber auch in der Digitalisierung dann weiterkommt, weil man im Verständnis von Führung weiterkommt. moderneres Wissen im Unternehmen existiert und modernere Methodik. Also ich glaube, um das zu subsumieren, ich glaube, dass Unternehmen auch schon sehr davon profitieren, wenn man kleine Lichter anschaltet im Unternehmen, wo agile Veränderung stattfindet und auf der Basis dann vielleicht auch sich fragt, was ist denn jetzt der Big Scope? Muss ich skalieren? Wenn ich nicht muss, sollte ich es auch nicht, weil das macht das Ganze natürlich deutlich komplexer. Wenn ich merke, ich muss skalieren, dann kann ich auf dieser Basis auch viel besser entscheiden, weil das Wissen im Unternehmen schon deutlich größer geworden ist durch diese kleinen Lichter, die ich angeschaltet habe im Vergleich zu ich starte jetzt mit einer vollständigen Transformation und keiner weiß noch irgendwas in Wahrheit. Mike: Hmm. Da würde ich da absolut zustimmen. Wie gesagt, der Begriff Skalierung ist für mich irreführend. Beziehungsweise ein Vokabel, das man besser hinterfragen sollte. Wenn man sagt, wir wollen etwas at scale umsetzen, inwiefern wir hier einfach zu groß sehen. Jürgen Appelow hat das ja irgendwann mal so, glaube ich, formuliert, als er gesagt hat. Am Ende ist Wachstum, also etwas, wo man sagen kann, ein Krebsgeschwür ist auch etwas, was... relativ performant ist in Bezug auf Wachstum. Ich muss ein bisschen vorsichtig sein mit dem Vokabular, aber ich würde zumindest mit safe in der Richtung, in der Kategorie in die Einordnung gehen. Und da glaube ich, sind die Leute falsch aufgehoben. Ich glaube auch, dass das ganze safe Ding hauptsächlich, das muss ich jetzt einfach mal so sagen wie es ist, ein geniales Geschäftsmodell von Dean Leffingwell und seinen Companions ist, das er im Grunde repliziert hat aus den 90er Jahren. Rational Unified Process war genau dasselbe. Nur, dass er jetzt noch besser ins Schwarze getroffen hat, weil er jetzt wirklich vom ganzen Business und nicht mehr allein von IT spricht, auch wenn er eigentlich das Safe-Modell des Business gar nicht abdeckt. Da reden wir hauptsächlich über IT und dann halt ein bisschen Portfolio und so weiter. Aber ich würde sagen, wenn man wirklich erfolgreich sein will, wenn man wirklich Wirkung erzeugen will, sollte man sich das Geld für Safe sparen. Das ist meine persönliche Meinung. Und sich mal das Thema Skalierung... so weit vor Augen führen, dass man sagt, je größer und dicker das Ding wird, umso problematischer ist es letztlich in puncto Agilität. Aber das, was du gesagt hast, das finde ich ganz gut, ist für mich ein Trigger zu sagen, vielleicht brauchen wir einfach mehr Change-Kompetenz anstatt Kompetenz in agilen Methoden. Und für mich wäre das jetzt der Punkt, wo ich sagen würde, hey, wenn wir jetzt verstanden haben, wie dieses ganze agile Konstrukt funktioniert, und du hast das vorher erwähnt, Transparenz Das ist ja das, was wir immer lernen in den Basiskursen. Und dann sagen, das geht es erstmal. Dann sollten wir ja den Change genau über diese Art und Weise betreiben. Was, wenn wir den Change erstmal ans Licht bringen und sagen, wo überall wollen wir unterwegs sein? Wo laufen jetzt Dinge? Transparenz. Aber jetzt kommt das nächste. Machen wir Change zum Pull-Mechanismus. Und wenn wir jetzt sagen, das pushen wir jetzt quasi durch die Organisation und ihr müsst mal, dann kommt ja automatisch das Konzept Limit Change in Progress ins Spiel. Dass wir sagen, naja, so wie du meinst. Eine Organisation kann naturgemäß nicht beliebig viel in beliebig kurzer Zeit ertragen, verdauen und letztlich auf die Straße bringen. Und da wiederum zu sagen, wenn wir das haben, inspekt und adapt, wie lernen wir entlang dessen, was wir jetzt gerade tun? Vielleicht ein guter Hinweis, und das ist jetzt wieder womöglich lagerspaltend, wäre jetzt das, was man so in der Kanban-Welt oft als evolutionary change subsummiert. Und das muss jetzt nicht auf Kanban bezogen bleiben, dass man einfach sagt, so wie du es erwähnt hast, Es macht Sinn in Organisationen, diese Begrifflichkeiten punctuated equilibrium, also wo man so eine Zeit der Stabilität gewähren, zu trennen von punctuation points, wo man dann sagt, es gibt halt so Momente in der Zeit und das muss jedes Unternehmen für sich entscheiden, wo wir wieder einen nächsten Aufsatzpunkt schaffen. Wo wir sagen, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um über Strukturveränderung zu reden oder jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Noch einmal der Hinweis auf, hey, ja, 30 Jahre, um das Thema Führungssystem zu hinterfragen, wollen wir überhaupt noch diese Management Hierarchie pflegen oder sagen wir einfach, hey, in Zukunft gibt es nur mehr einen Manager und das ist ein Entrepreneur. Aber das bietet nicht mit Druckbetankung in eine große Organisation, wo das Ganze ja fast schon, naja, wie soll man sagen, floppen muss, weil es die Organisation gar nicht verdauen kann und teilweise auch nicht will. Harald Wild: Ich glaube, das ist ein entscheidender, ein sehr entscheidender Punkt, wenn es genau darum geht. Erstmal muss ich, also ich muss mich immer die Frage stellen, ist das, was ich als erstes erreichen will, wirklich mich vollständig zu verändern oder will ich erst mal punktuell Vorteile schaffen und Erkenntnis schaffen. Das ist ja schon mal ein grundlegender Unterschied. Aber es geht ja auch darum, man muss ja auch nur wirklich sagen, vor allem auch Führungskräfte, die haben eine Budgetverantwortung, die haben Verantwortung für Mitarbeitende, die haben... eine Bringschuld in die oberen Hierarchien des Unternehmens. Und dann sind wir gerade bei diesem viel geschundenen Mittelmanagement. Aber man muss es doch mal so sehen. Jemand hat sich vielleicht 20 Jahre eine Toolbox zusammengesammelt. Wie führe ich? Wie sorge ich dafür, dass Arbeit erledigt wird? Wie reporte ich an die oberen Hierarchieebenen? All das sind Tools, wenn man das mal ganz oberflächlich betrachtet, die derjenige sich geschaffen hat. die ihm Sicherheit bieten in dem System, in dem er gerade arbeitet, in diesen Prozessen, in denen er arbeitet. Und jetzt ändert sich auf einmal alles ganz schnell. Das heißt, jetzt wird ihm die Chance genommen, sich anzupassen. Veränderung findet schneller statt, als derjenige vielleicht in der Lage ist, mitzugehen. Und zu was führt das? Das führt zu Unsicherheit, das führt zum Verlust. der Sicherheit in die eigene Methodik. Und das ist genau dieses Push-Prinzip, was du gerade beschrieben hast. Das heißt, jemand wird in diesen Raum, in diesen schönen bunten Raum geschubst und es wird gesagt, Mike: Mm. Harald Wild: so jetzt funktionieren wir in diesem neuen System. Dass das auf Ablehnung stößt, ist doch eigentlich total klar. Das ist total menschlich, weil Unsicherheit auch einem die Basis für vernünftige Entscheidungen nimmt oder für Entscheidungen nimmt, in die ich selbst vertraue. Mike: Vielen Dank für's Zuschauen. Harald Wild: Ich muss ja verstehen, wie ich entscheide, wie die Prozesse und das System um mich herum funktioniert, um überhaupt Vertrauen in meine eigenen Entscheidungen zu haben. Mike: Ja. Harald Wild: Und wenn ich das meiner Führungsebene wegnehme, das heißt nicht dafür sorge, dass eine Weiterentwicklung stattfinden konnte, bevor Menschen in eine Veränderung getrieben werden, dann ist das schon ein entscheidendes Problem. Mike: Mmh. Harald Wild: weil dann habe ich auf einmal für ganz viele Menschen die Basis für sichere Entscheidungen genommen und erwarte aber, dass sie, und das ist ja jetzt der nächste Kontrast, in einer agilen Welt noch eigenständiger entscheiden. Das heißt, ich nehme ihnen die Basis für sichere Entscheidungen, erwarte aber, dass sie noch eigenständiger entscheiden und wundere mich dann, warum die es nicht tun. Und das ist so der eine Punkt. Das heißt, dieses Wissen aufzubauen und sich daran stellen, mehr Zeit zu lassen, dass aus diesem Push-System auch ein Pull-System werden kann. Wahrscheinlich geht das nicht immer, weil man nicht immer bis auf die letzte Person Rücksicht nehmen kann, dass die jetzt auch noch mitkommt. Das ist ja auch vielleicht der Grund, warum, wenn sich ein Unternehmen agil verändert, man durchaus auch Leute auf der Strecke verliert, die halt einfach nicht bereit sind, diese Veränderung mitzugehen, was ja, wie auch immer man das jetzt bewerten will, aber was sicherlich passiert. Aber was... eben dann in den höheren Hierarchieebenen auch sehr wichtig ist, ist eben diese Erkenntnis fingerraus. Das heißt, man muss diesen Kontrollverlust, den man dann spürt, in Kauf nehmen. Aber auch da ist es ja wieder so, Menschen funktionieren immer so, wie das System, das sie umgibt. Und das gilt für alle. Das gilt auch für Vorstände und das gilt auch für F1-Ebene oder was auch immer. Es ist einfach so, wenn ich permanent in meinem System, in dem ich bin, erlebt habe... dass Dinge nur geerdigt werden und nur passieren, wenn ich meine Finger drin habe und jemanden steuere und ihm sage, mach das und dann zeig es mir nochmal, weil sonst könnte es ja sein, wenn da ein Fehler drin ist, dass ich dann den Ärger dafür bekomme und beschuldigt werde. Das sind die Systeme, in denen sich dann höhere Hierarchie-Ebenen befinden. Die sind aber genauso problematisch, weil der Feedback-Loop, der daraus entsteht, nicht wahrgenommen wird. Das heißt, ich steuere vielleicht … Mike: Ja. Harald Wild: die 30% oder 40% der Arbeit dieses Mitarbeitenden mit meiner Priorität, weil ich der Meinung bin, ich bin ja der Vorgesetzte oder die Führungskraft und weiß es deswegen, was derjenige tun soll und repriorisiere aber ständig seine Arbeit in das, was mir wichtig ist. Mike: Hm. Harald Wild: Vielleicht macht er aber 70% weitere Arbeit, die wichtig sind fürs Unternehmen, die ich Mike: Hach! Harald Wild: gar nicht sehe, weil ich eine hierarchische Perspektive habe. Das heißt, die Illusion. zu sagen, ich weiß genau, was ein Mensch im Unternehmen tut, ist, umso mehr Hierarchiebene dazwischen sind, umso kleiner wird das Bild, das ich sehe und umso größer die Illusion, dass meine Steuerung wirklich einen positiven Effekt erzielt. Und ich glaube, dass das eine entscheidende Erkenntnis für Führungsebenen ist, ist, dass Mike: Mhm. Harald Wild: diese Hierarchieperspektive… eine Illusion ist. Also, dass man, wenn man glaubt, man würde durch permanente Steuerung Mike: Mhm. Harald Wild: von Menschen im Unternehmen, und da sind wir ja dann, sage ich mal, in Richtung Micromanagement, das ist dann vielleicht auch weniger als Micromanagement, aber es ist genug Micromanagement, um Flexibilität Mike: Mhm. Harald Wild: abzutöten und vor allem, um diese Entwicklung zu verhindern, dass jemand wirklich irgendwann Mike: Hm. Harald Wild: in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen. Das heißt, jemand wird ständig gesteuert, kriegt ständig gesagt, was er tun soll. trifft dadurch keine eigenen Entscheidungen. Der Manager merkt wieder, wenn ich nicht steuere, passiert da nichts und dann bist du in diesem Loop, der niemals endet, weil keiner in der Lage ist, sich da draus zu verabschieden. Das ist, glaube ich, etwas, was oft dazu Mike: Mhm. Harald Wild: führt, dass auch agile Veränderung nicht erfolgreich ist, weil Führungskräfte nicht in der Lage sind, diese Erkenntnis für sich zu gestalten und für sich eine neue Ebene der Führung zu finden. die nicht bedeutet, dass ich diese Kontrolle ausübe und für mich selbst die Sicherheit habe, ich weiß genau, was da passiert. Das heißt, das operative Level zu reduzieren und dafür dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter sich weiterentwickeln können und selbst sich in die Lage versetzen. Und wird das dazu führen, dass die Dinge erstmal schlechter laufen? Wahrscheinlich. Weil da bin ich wieder in dieser Change-Kurve. Mike: Mmh. Harald Wild: nehme Sicherheit weg, ich nehme Struktur weg und führe das Ganze aber in ein System, wo Menschen dann selbst in der Lage sind zu entscheiden und auch verstanden haben, dass das die Führungsebenen wollen. Und ich glaube, dieses Konstrukt insgesamt, was ich jetzt insgesamt so versucht habe zu umreißen, ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Punkt, der am Anfang gegeben sein muss, wenn ich agile Veränderungen im Unternehmen starten will, weil ansonsten habe ich schon Dysfunktionen, die es sehr schwer machen, weiterzukommen. für die Teile des Unternehmens, die eigenständig entscheiden sollen und interdisziplinär eigenverantwortlich arbeiten sollen. Mike: Ich glaube, wir sind schon jetzt am Ende unserer heutigen Session angekommen und ich weiß nicht, ob wir jetzt hilfreich waren, den Begriff agile Organisation ein Stück weit weiter aufzuklären. Vielleicht ist es für viele immer noch ein Mythos. Für mich ist es teilweise immer noch ein Mythos nach 20 Jahren Beschäftigung, damit muss ich ganz offen sagen. Aber wir haben ja ein paar spannende Gäste in den kommenden Wochen. die uns vielleicht helfen können, das aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Und da freue ich mich schon ganz drauf, die aber auch dich wieder zu treffen und die Dialoge zu vertiefen. Und viele der Themen, die wir heute einmal nur so aufgerissen haben, werden da wahrscheinlich nochmal maßgeblich in vielleicht auch konkretere Ideen gehen, die der eine oder die andere dann mitnehmen kann. Für heute wünsche ich dir einen guten Tag, Harald, und sag einfach mal bis zum nächsten Mal. Harald Wild: Das wünsche ich dir auch, lieber Mike. Und ich freue mich natürlich auch auf unsere Gäste, die wir haben. Das wird eine tolle Erfahrung sein, mit über die Themen zu sprechen. Wir haben einen riesen Vorteil, dass die Themenvielfalt, die wir haben, die wir vertiefen können, ist endlos. Und deswegen freue ich mich auch auf das, was kommt und wünsche dir auch ein schönes Wochenende. Mike: Das war's für heute. Danke, Herr Ehrhardt. Tschüss. Harald Wild: Tschüss.